Veröffentlichungen

Autorengruppe MyStorys: Heimat – grenzenlos 2016

Das Mädchen

Da steht sie. Einsam, von Gott und der Welt verlassen. Leerer Blick und Trauerflor. Sie hat alles verloren: Familie und Heimat. Nur mit einem kleinen Koffer ist sie in die Sicherheit eines anderen Landes geflüchtet. Hier arbeitet sie als Tellerwäscherin und hat eine kleine Dachgeschosswohnung gefunden. Ihren Stern hat sie abgelegt, aber sie hört noch immer die drohenden, näher kommenden Stiefel der Soldaten. Das Pfeifen der Züge ins Nirgendwo. Am liebsten würde sie sterben, aber sie weiß, dass es noch Aufgaben von ihr zu erfüllen gibt. Die Zeit, ihre Familie wiederzusehen, wird kommen, aber nicht jetzt. Der Weg ins Licht ist noch fern. Ganz in Gedanken reicht sie einer älteren Frau einen Teller heiße Suppe und schenkt ihr ein Lächeln. Ein sternförmiger Schatten prangt auf der Jacke der fremden Frau. Wer weiß, woher die Sterne am Himmel kommen …

(c) Manuela Schümann

 

Buchstabeninsel: Inselschätze – Eine literarische Muschelsammlung 2011/2012

Beengt

Laute Nacht

geschlossene Fenster

stehende Luft

Beklemmung

*

Endlich

fünf Uhr früh

Gesang der Vögel

Weckruf des Raben

*

Fenster aufgerissen

gierig eingesaugt

den moorigen Holzgeruch

in meine Atemflügel

*

B e f r e i u n g

© Manuela Schümann 2011/2012

 

Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte

Ausgewählte Werke XV, 2012

 Gefühlsstark

S eele

T aub –

A m

R and

K eine

E wigkeit

S ichtbar

*

G efühle

E iner

F reundschaft

Ü berleben

H eimliche

L iebe

© Manuela Schümann 2012

 

Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte

Ausgewählte Werke X, 2007

 Ausgebrannt

Eine Armee von Brüdern

konnte mich nicht schützen vor

Naturgewalt, Donner und Blitz.

Er traf mich mitten im hohen

Geäst, im saftigen Grün.

Rauschte hinab und höhlte mich aus

mit seinem hitzigen Glühen.

Verbrannte mir lichterloh

meine Seele

versengte mir die Zweige.

Von nun an ein Mahnmal der Natur

stehe ich

mit hoch gestreckten, nackten Armen

und

schweige!

© by Manuela Schümann 2007

 

Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte

Ausgewählte Werke IX, 2006

 Grün

Zittrig kleine Grashalme

gerade noch kross verfroren

spüren die Nähe des Frühlings

der auf zarten Flügeln

der entwachsenden Raupe

über den Schatten des Winters segelt

die flammende Fahne des

gleißenden Sommers schwingend

sich kühlend und raschelnd im

gedeckten Herbst zu ergießen

und mit dem Winter einen Pakt

fürs erneute Frühjahr zu schließen

damit der Pralle Sommer Erfüllung findet

sich ohne Trauer ans Herbstlaub bindet

und so die Natur vor der

winterlichen Kälte geschützt

blühend den Frühlingsboten nützt

bunt der Sommer einhergehen kann …

© by Manuela Schümann 2006

 

Nationalbibliothek Des Deutschsprachigen

Gedichtes, Ausgewählte Werke VII

 Ein Rädchen …

Wie eine winzige Schraube in einer

großen Maschinerie tanze ich mal links,

mal rechts herum.

Gerade so, wie das Gewinde mich treibt.

Angetrieben von einem Schraubendreher,

der meinen Lebenstanz bestimmt.

Handelnd nach dem großen Plan,

den keiner kennt.

*

Immer die Angst im Nacken, er dreht

ein bisschen zu weit nach links.

Vor dem Absturz mitten zwischen die Zahnräder.

Immer die Angst, er dreht zu weit nach rechts.

Vor Festgefahrenheit in einem verrotteten Getriebe.

*

Nicht zu locker, nicht zu fest.

Nicht verschlungen, nicht erdrückt.

*

Gerad’ so, dass reibungslose Funktion

gewährleistet ist.

Gerad’ so, wie es den Machern zurechtkommt.

© by Manuela Schümann 2003

 

Nationalbibliothek Des Deutschsprachigen

Gedichtes, Ausgewählte Werke VI

 Leergelaufen

 Mein „Kraftschiff“ ist untergegangen,

hat meine Liebe in sich gefangen.

In die dunklen Fluten gerissen,

der Meeresgrund ein sanftes Ruhekissen.

 

Keine Brandung, keine Welle mehr,

der Ozean der Gefühle völlig leer.

Spüre nicht die kalte Gischt,

Liebe, die hoffnungslos erlischt.

 

Ich friere nicht, mir ist nicht heiß.

Fühle nicht, was ich noch weiß.

© by Manuela Schümann 2003

 

Nationalbibliothek Des Deutschsprachigen

Gedichtes, Ausgewählte Werke V

 Gelähmt

 Kein Schritt vor,

aus Angst vor der Zukunft

der Wahrheit – ohne Dich.

*

Kein Schritt zurück,

weil die Vergangenheit nicht

meiner eigenen Wahrheit entspricht.

*

Weder ein Schritt vor, noch zurück –

einfach ein starres Verharren

und Warten, dass endlich

der Himmel auf mich fällt.

 © by Manuela Schümann 2002